Schiffsbohrmuscheln und Umweltgeschichte(n) im Museum

Ein großer Schrank in der malakologischen Sammlung des Museums für Naturkunde Berlin enthält Holzstücke unterschiedlicher Größe, Form und Herkunft.

Warum, so könnte man fragen, befindet sich eine Holzsammlung in einer zoologischen Sammlung? Die Stücke dienten als Proben, die allesamt durchlöchert und von einer als "Schädling" geltenden Art befallen waren: Teredo navalis.

Die Geschichte von Teredo navalis umspannt verschiedene geografische Regionen, Zeiträume, Nationen, Branchen und Disziplinen. Der Schiffsbohrwurm unbekannten Ursprungs ist ein wiederkehrender Protagonist in Berichten, seit Schiffe die Meere befahren. Das acht Zentimeter lange Tier wurde vor allem durch die Schäden und Zerstörungen bekannt, die es an hölzernen Schiffen und der Hafeninfrastruktur anrichtete: Indem er sich durch das Holz bohrt, versenkt er Holzschiffe; indem er sich in Unterwasserpfeiler und Pfähle bohrt, bringt er Häfen zum Einsturz. Das Holz, von dem er sich ernährt, dient ihm als Lebensraum und als Transportmittel - T. navalis hat sich auf Trümmern und den Rümpfen von Segelschiffen über die ganze Welt verbreitet. Der Ingenieur Adolf Hahn, damals zuständig für die technische Verwaltung der niedersächsischen Hafenanlagen sowie für den Küsten- und Uferschutz, stellte 1956 fest:

"Was die Leistungen bei der Versenkung von Schiffen betrifft, so sind weltberühmte Seehelden wie Drake, Nelson, Graf Luckner sowie die deutsche U-Boot-Flotte des Zweiten Weltkriegs nichts im Vergleich zu einer kleinen Gruppe von Seeschädlingen, die einen systematischen Vernichtungsfeldzug gegen alles Menschenwerk führen, seit dem ersten Tag, an dem der Mensch die Meere befahren hat."
[1]

Die Geschichte von T. navalis ist also nicht nur eine globale Geschichte, sondern eine Geschichte der Globalisierung, die tief im Kolonialismus, im imperialen Handel und in der Geschichte der maritimen Logistik verwurzelt ist. So wie man das Tier nicht von seiner hölzernen Umgebung trennen kann, lässt sich auch die Geschichte von T. navalis nicht von der materiellen, wissenschaftlichen und kommerziellen Geschichte des Holzes und der Schiffe und maritimen Infrastrukturen trennen. Die Naturgeschichte von T. navalis zu rekonstruieren bedeutet also, die Beziehungen zwischen der Meerestechnik einerseits und den ökologischen Auswirkungen und Veränderungen der marinen Biodiversität andererseits zu untersuchen.

Dies führt zurück zum Museum für Naturkunde Berlin. Friedrich Moll (1882-1951), ein deutscher Holzspezialist, der sich mit der Konservierung von Holz in Bergwerken und in der Schifffahrt beschäftigte, ließ dem Museum vor allem in der Zeit zwischen 1900 und 1930 (?) befallene Holzproben aus aller Welt zusenden. Diese materiellen Spuren der Bohrtätigkeit des Tieres wurden nicht nur zur Untersuchung der Taxonomie und Verbreitung der Terediniden verwendet. Sie bildeten auch die Grundlage für Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen, die gegen die Tiere ergriffen wurden, um die Verbreitung der Art zu kontrollieren und zu verhindern.

Konservierte Holzproben, die in vielen naturkundlichen Sammlungen zu finden sind, stellen jedoch nicht nur ein materielles Archiv der Vergangenheit dar. Sie sind auch für die Arbeit mit und an Sammlungsgeschichten und -zukünften relevant. Während das massenhafte Auftreten von Teredo mit dem Ende des Zeitalters der Segelschifffahrt und des Holzschiffbaus merklich abnahm, wirkt sein Erbe bis heute fort. Um das Holz von Schiffen und Hafeninfrastrukturen vor dem Befall zu schützen, wurden sie verschiedenen Behandlungen unterzogen, darunter Arsen, Kupfer und vieles mehr. Wie geht man mit historischen Sammlungen um, die möglicherweise kontaminiert sind? Und wie wirkt sich dies auf die sozialen Beziehungen zu den Objekten und zur Vergangenheit aus?

[1] Adolf Hahn, “Die Bekämpfung der Bohrmuschel” Die Küste. Archiv für
Forschung und Technik an der Nord- und Ostsee
5 (1956), 49-71, 51.

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