Museumsumwelten

In naturhistorischen Museen wurden Umwelten seit dem späten 19. Jahrhundert in Dioramen und Biologischen Gruppen ausgestellt und als ‚Szenen aus dem Leben‘ inszeniert. Naturkundliche Sammlungen lassen sich jedoch auch selbst als Umwelten beschreiben, insbesondere als Lebenswelten für verschiedenste Lebensformen. Manche von diesen, wie Motten oder Käfer, waren von Anfang an ein praktisches Problem für Felle, Federn, Häute und Pflanzen, die geschützt und erhalten werden sollten. Das gilt insbesondere für historische Sammlungsobjekte, von denen viele während der Kolonialzeit gesammelt wurden, und betrifft nicht nur die Naturkunde, sondern auch ethnologische Sammlungen oder Kunstmuseen, insofern sie ebenfalls mit organischem Material zu tun haben.

Naturkundliche Sammlungen sind also bei weitem nicht nur Orte der Aufbewahrung und Konservierung des Toten, sondern lebendige Umwelten. Mich interessieren diese Umwelten als Orte sozialer Interaktion und Intervention zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Akteuren. Besonders beschäftigt mich die Frage, welches Wissen, welche Praktiken und Politiken mit dem Erhalt von Sammlungen und mit der Erforschung und Bekämpfung sogenannter „Schädlinge“ zusammenhängen. Wann und wo wurden naturkundliche Sammlungen als Orte des Befalls beschrieben? Wie werden dadurch Ordnungen gestört, was tritt dadurch zum Vorschein? Das hängt nicht zuletzt mit der Frage zusammen, was als erhaltenswert angesehen und was entfernt wird und wer darüber entscheidet. Welche sozialen Kategorien und moralischen Ökonomien, welche Politiken und Einstellungen liegen diesen Entscheidungen zugrunde?

Obwohl ich mich in meiner Forschung auf das 19. und 20. Jahrhundert konzentriere, betreffen diese Fragen keineswegs nur die Vergangenheit; sie sind vielmehr hochaktuell. Denn viele frühere Techniken der Konservierung und Schädlingsbekämpfung haben direkte Auswirkungen auf unseren gegenwärtigen und zukünftigen Umgang mit Sammlungen und ihren Objekten. Wie gehen wir mit den Altlasten der Geschichte, der chemischen und der sozialen Kontaminierung um, die sich in naturkundlichen und anderen Sammlungen materialisieren? Inwiefern befördert oder beschränkt belastetes Material die Produktion von Wissen; wie verändern kontaminierte Objekte die Arbeit in und mit historischen Sammlungen und auf welche Weise beeinflusst dies die sozialen Beziehungen zwischen den Menschen und zwischen den Menschen und den Dingen?

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